von Andree Meyer

Am 23. Juli diesen Jahres verstarb Alfred Biolek – kurz „Bio“ genannt. Er startete am 27. Dezember 1994 mit seiner legendären Kochshow „alfredissimo“, eine Art Koch-Talk-Sendung. Auch ein sehr bekannter Ostfriese war dort einmal dabei – Karl Dall, der Blödelbarde schlechthin. Er machte aus dieser Folge eine Comedy-Sendung, indem er seine „Saunudeln“ zubereitete. Tausende haben diesen Unsinn nachgekocht und auch ihre Rezepte veröffentlicht. In seiner gewohnt ungestümen Art versuchte Karl Dall seinem Gastgeber das Ruder aus der Hand zu nehmen und kalauerte, beleidigte und machte auch sonst so einigen Unfug. Bio jedoch war durch seine langjährige Erfahrung in diesem Geschäft den Umgang mit jeglichen Prominenten und ihren Nücken und Tücken gewohnt. Souverän wie immer führte er daher durch diese Sendung. Dabei verriet er ganz nebenbei auch die Geschichte von „Bios Bohnensuppe“.

Die Bildquelle dieses Hauptbeitragsbildes ist OneHD/youtube

In dieser Sendung verrät Bio sein Rezept für „Bios Bohnensuppe“. Dabei gibt er einfach mal so zu, dass dieses Rezept vom damaligen „Drehscheiben-Fernsehkoch“ Ulrich Klever, einem Journalisten und Buchautoren, der etliche Kochbücher schrieb, für die Drehscheibe entwickelt wurde. Er habe sie nur noch etwas verfeinert und nun ist es eben „Bios Bohnensuppe“. Die Art der Zubereitung verschlägt in dieser Sendung sogar Karl Dall die Sprache und er reagiert natürlich nicht gerade positiv auf das Rezept. Die Zutaten hatte Bio seinerzeit in einem Notizbuch stehen, das wie immer wie im ersten Schuljahr auf einem Buchständer stand.

Bildquelle: OneHD / youtube

Bei diesen alten Kochsendungen trifft man auf viele Sachen, die heute eher gemieden werden. Als Bio die Bohnensuppe vor den Augen der Zuschauer zubereitet, sieht das nicht so schön aus. Selbst Karl Dall verschlägt es die Sprache, als der die weißen Bohnen aus dem Glas inklusive des Schleims, der sich da gebildet hatte, einfach so in den Kochtopf schüttet. Alle anderen Zutaten kommen dazu, lediglich die Debreziner werden noch in Scheiben geschnitten und verschwinden dann im Topf. Alles soll etwa 10 Minuten köcheln. Was in der Sendung nicht gezeigt wurde, das der Eintopf vermutlich anbrannte, weil er zu stark kochte und nicht gerührt wurde. Nun gut, dass Bohnen Schleim bilden ist bekannt, jedoch nicht sehr gesund und vor allen Dingen eher unappetitlich. Daher wäscht man den vorher besser im Sieb ab, was wohl damals noch nicht so üblich war. Den „Brühwürfel“ oder auch die gekörnte Brühe bekannter Hersteller sind heutzutage auch eher seltener und bei vielen Köchen schlichtweg verpönt, weil diese Produkte voll von künstlich hergestellten Geschmacksverstärkern sind. Besser ist da sicher ein guter Gemüsefond. Während Bio eine ganze Flasche Ketchup in den Topf kippt, weist er darauf hin, dass alle seine Freunde deswegen mit dem Kopf schütteln. Hier kann Karl Dall ihm dann kontern und das letzte Wort haben: „Ich zähl mich zu Deinen Freunden – und ich schüttle auch den Kopf.“

Karl Dalls „Saunudeln“  Quelle: One HD / youtube

Nun aber zu Karl Dall und seinen „Saunudeln“. Nach seiner Erzählung entstand dieses Gericht, für das es kein Rezept gibt, mit Nudeln unter Zugabe von dem, was man zu Hause hat. Wenn man keine Nudeln hat, kann man diese auch durchaus durch Reis oder Kartoffeln ersetzen. Über alles wird dann immer wieder eine asiatische „Sweet Chili-Sauce“ geschüttet, vermutlich bis man das gar nicht mehr herunter bekommt. Er schüttet Wein darauf, den er in dieser Sendung gerne trinkt aber offensichtlich nicht genießt, am Ende kommt dann alles in den Backofen. Die Zucchini-Scheiben, die nach seiner eigenen Aussage schon nach etwa 1 bis 2 Minuten durchgegart sind, braten auf einer Seite mehr als 10 Minuten vor sich hin und dürften völlig verbrannt gewesen sein. Geschickt gibt Karl Dall die Scheiben dann mit der Oberseite auf sein Backblech, vielleicht – oder sogar ganz bestimmt – wurden die Zucchini-Scheiben ausgetauscht. Das Hackfleisch kann man weglassen, wie er sagt, dann hat man etwas Vegetarisches. Nun ja, spätestens bei dieser doch abenteuerlichen Art etwas zuzubereiten, hat das gesamte Team um Bio herum wohl schon gemerkt, dass man an diesem Tag keine Kochsendung, sondern eine Comedy-Kochsendung produziert. Bei vielen Gästen, die bei Bio waren, hat man bei dem Gericht, dass sie dort kochen, den Eindruck, das das alles sehr krampfhaft zusammengestellt wurde, um zu glänzen. Der Höhepunkt war eine Schauspielerin, die Bio nach ihren Frühstücksgewohnheiten fragte. Sie zählte auf, was jeden Morgen so auf den Tisch kommt. Da aber merkte man, dass sie hier wohl ein wenig über ihre ach so gesunde Lebensweise  prahlen wollte. Denn das, was sie aufzählte, hätte man mit einem LKW anliefern müssen und der Frühstückstisch dürfte wohl eher einer königlichen Tafel im Schloss Versailles entsprochen haben. Immer aber war es Bio, der aus dieser halben Stunde kochen eine lockere Talkrunde machte, in der die Gäste manchmal private Dinge ausplauderten, die man sonst nie zu hören bekam.  An diesem Tag mit Karl Dall jedoch war es offensichtlich geschehen, dass zwei Alphatiere aufeinander trafen. Eines (Karl Dall), das versuchte, nur herum zu blödeln und eines (Bio), das trotz allem locker versuchte, die Sendung zu retten. Karl Dall war später einmal bei „Lafer, Lichter, lecker“ zu Gast. Dort führte er sich ähnlich auf und erzählte von seinem Auftritt bei Bio. Das wäre ein Disaster gewesen. 

Nun wird sicher schon der eine oder andere gemerkt haben, dass ich nicht gerade mit Begeisterung von Karl Dall spreche. Es ist nicht so, dass ich ihn verachte. Immerhin war er Ostfriese und zwar einer, der es geschafft hatte, aus dieser wirtschaftlich schwachen Region auszubrechen und über alle Grenzen hin bekannt und anerkannt zu werden. Dafür bewundere und achte ich ihn. Ich bin Karl Dall in meinem Leben dreimal live begegnet und stets war es irgendwie erschreckend. Das erste Mal telefonierte ich mit ihm. Nun, Karl Dall gehörte damals die Mühle in Möhlenwarf und er stand ganz normal im Telefonbuch. Wir bereiteten damals eine Wohltätigkeitsveranstaltung für den Kinderschutzbund in Leer vor. Ich rief also an, entschuldigte mich höflich für die Störung und brachte mein Anliegen vor, ihn gerne zu unserer Veranstaltung begrüßen zu können. Aber anstatt höflich zu sagen, dass er keine Zeit hat, folgte jetzt ein etwa zehnminütiger, sicher höflicher Vortrag, in dem es nur darum ging, dass so ein „Null-Auftritt“ ihn schließlich nur Geld koste, und er das nicht machen könne. Ich sagte ihm, dass ich das natürlich verstehen könne und er bat mich, trotzdem einmal alle Unterlagen an seine Berliner Adresse zu schicken. Das tat ich, jedoch hörte ich nie wieder etwas davon. 

Quelle: Homepage karldall.de/fotoalbum

Quelle: Homepage karldall.de/fotoalbum

Live erleben konnte ich ihn dann bei der Eröffnung einer Ostfrieslandschau in Leer. Er moderierte die Eröffnung und machte genau das, was er auch bei seiner Show Dall-As machte, er machte sich teilweise verächtlich über andere lustig. Natürlich muss man auch ihm zugestehen, dass er mal einen schlechten Tag hat. Das konnte ich bei unserer dritten Begegnung merken, als er schwankend Arm in Arm mit Dave Dudley von der Warsteiner Admiral herunter kam. Die beiden könnten wohl zu viel getrunken haben. Jemand mit so einem Bekanntheitsgrad hat – vor allen Dingen, wenn viel Publikum, wie in diesem Fall dabei ist – auch eine gewisse Vorbildfunktion – auch als Blödelbarde. Diese drei Vorkommnisse haben mich davon abgehalten, ein Fan von Karl Dall zu werden. Trotzdem bleibt von ihm auch gute Erinnerung. So verrückt er auf der Bühne war, denn das schien sein Publikum zu lieben, so bodenständig war er aber im „richtigen Leben“. Nach einer Lehre als Schriftsetzer in der Druckerei Rautenberg in Leer ging er nach Berlin, wo er in seinem Beruf und als Kulissenschieber arbeitete. Hier konnte er sich dann wohl hocharbeiten – was bestimmt auch mit vielen Entbehrungen zu tun hatte. Vielleicht ist dabei tatsächlich auch das Gericht „Saunudeln“ entstanden – wenn man aus dem Wenigen, was zu Hause ist noch etwas schmackhaftes machen musste. Toll, dass er es verstand, daraus eine solche Lachnummer bei Biolek zu machen. Entgegen der Gewohnheit anderer Prominente war er immerhin fast fünfzig Jahre bis zu seinem Tod mit seiner Frau verheiratet. Hut ab! Damit dürfte er in der Showbranche wohl eher ein Außenseiter gewesen sein. 

Quelle: heimatkundlicher-arbeitskreis.de/Verein/Ortschaften/Moehlenwarf3.jpg

Diese Mühle in Möhlenwarf gehörte bis 2010 Karl Dall. Die Mühle ist ein sehr geschichtsträchtiges Gebäude, das 1899 erbaut wurde und bis 1972 in Betrieb war. Damals kaufte Karl Dall diese Mühle. Die dort ansässige Bäckerei und das Lebensmittelgeschäft wurden wohl bis in die 1990er Jahre betrieben. Karl Dall hatte die Mühle zum Wohnhaus umbauen lassen. Wahrscheinlich ist es ihm auch zuzuschreiben, dass die Mühle bis heute in einem sehr guten Zustand erhalten geblieben ist, da man ja in den 1970er und 1980er Jahren oftmals noch nicht so an historischen Gebäuden und deren Erhalt interessiert war. In diesem Zusammenhang fällt mir noch eine kleine Anekdote ein. Bei einem kleinen Konzert des ostfriesischen Liedermachers Jan Cornelius vor vielen Jahren erzählte dieser, der ja die Mühle in Jemgum bewohnte, dass er einmal gefragt wurde, warum denn seine Mühle keine Flügel habe wie die in Möhlenwarf. Er habe erwidert, dass diese Mühle schließlich Karl Dall gehöre und bevor er so einen Blödsinn mache, verzichte er lieber auf die Flügel.

alfredissimo vom 24.03.1995 – Die ganze Sendung gibt ´s beim Klick auf ´s Bild

Hergestellt vom WDR ©Westdeutscher Rundfunk 1995

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